Kündigung älterer Arbeitnehmer/Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit
Im Zuge des allgemeinen Kündigungsschutzes kommt eine Anfechtung der Kündigung wegen Sozialwidrigkeit in Betracht. Der Arbeitnehmer muss bereits sechs Monate beim Unternehmen beschäftigt gewesen sein. Sozialwidrigkeit besteht, wenn die „wesentlichen Interessen des Arbeitnehmers beeinträchtigt“ werden. Dabei werden die gesamten Lebensverhältnisse berücksichtigt. Die Ausgaben und Einkünfte sind bezüglich des Lebensunterhaltes gegenüberzustellen. Auch das Familieneinkommen wird berücksichtigt. Auch der Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension, die zumindest 80% des bisherigen Einkommens abdeckt, steht einer Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit entgegen.
Die Einkommensminderung spielt ebenfalls eine Rolle. Es muss sich um eine soziale Notlage oder Existenzgefährdung handeln. Dabei ist auch die Möglichkeit anderweitiger Einkünfte zu berücksichtigen, eine Prognose ist zu erstellen. Bei älteren Arbeitnehmern werden generell größere Schwierigkeiten prognostiziert, allerdings bedeutet eine zum Beispiel erwartete Arbeitslosigkeit von 6-12 Monaten nicht zwangsläufig eine wesentliche Beeinträchtigung der Interessen. Es kommt außerdem auf die tatsächliche Entwicklung der Verhältnisse an. Auch stark verlängerte Arbeitswege können zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Interessen führen.
Weiters kommt noch ein Sozialvergleich zu anderen Arbeitnehmern in Betracht. Dabei wird verglichen, für welchen Arbeitnehmer die Kündigung die größere „soziale Härte“ bedeutet. Bei älteren Arbeitnehmern werden die langjährige Unternehmenszugehörigkeit und die schlechteren Chancen am Arbeitsmarkt berücksichtigt. Die Kriterien für einen Sozialvergleich entsprechen in etwa denen einer Kündigungsanfechtung wegen Sozialwidrigkeit. Ein Sozialvergleich ist jedoch nur in einem Betrieb mit Betriebsrat möglich.
Unabhängig von der sozialen Situation kann eine Kündigung noch wegen eines unzulässigen Motivs (siehe ArbVG) angefochten werden.
Die Anfechtungsklage muss vom Arbeitnehmer binnen einer Frist von zwei Wochen ab Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht eingebracht werden, sofern es in einem betriebsratspflichtigen Betrieb keinen Betriebsrat gibt. Gibt es jedoch einen und hat der Betriebsrat der Kündigung ausdrücklich widersprochen, hat der Betriebsrat das primäre Anfechtungsrecht. Will der Arbeitnehmer die Kündigung anfechten, muss er daher vom Betriebsrat verlangen, dass dieser die Kündigung bekämpft. Der Betriebsrat kann in diesem Fall die Kündigung binnen einer Woche (ab Verständigung vom Ausspruch der Kündigung durch den Arbeitgeber) bei Gericht anfechten. Erst wenn der Betriebsrat das nicht macht, kann der Arbeitnehmer selbst die Kündigung binnen zwei Wochen ab Ablauf des für den Betriebsrat geltenden Frist anfechten.
Trotz Beeinträchtigung wesentlicher Interessen ist der Arbeitgeber in folgenden Fällen zur Kündigung berechtigt:
- Der Arbeitnehmer hat durch seine Person die betrieblichen Interessen nachteilig berührt oder
- Betriebliche Erfordernisse machen eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich
Die eben genannten Aspekte des allgemeinen Kündigungsschutzes haben außerdem denselben Anwendungsbereich wie der allgemeine Entlassungsschutz.